Vorgeschichte:

Mal ehrlich,
würdet ihr mit diesen 3 Motorrädern gemeinsam eine 8000km Fernreise machen ?

Vermutlich nicht. Genau das habe ich auch gedacht, und deshalb habe ich im Vorfeld auch nicht so viel davon erzählt, um uns die Schmach zu ersparen, wenn wir z.B. in Kroatien unsere Tour aus technischen Gründen abbrechen müssen und der ADAC uns weinend wieder nach Hause fährt.

Aber es kam anders. Der Initiator:

Werner Hucks, ein langjähriger Freund, ist ein begnadeter Konzertgitarrist aus Siegen und auch jemand den man getrost als „Weltenbummler“ bezeichnen kann. Irgendwann Mitte Dezember 2007 war er bei mir im Tonstudio und wir hatten an irgendeiner Produktion zu arbeiten. In einer Pause fragte er so völlig nebenbei: „Sag mal, könntest du dir vorstellen eine Motorradtour durch den Nahen Osten zu machen, so im Juni/Juli  2008 ?“
Mein erster Gedanke war: „Auf keinen Fall, in den Nahen Osten, da kann ich mir wirklich schönere und sichere Reiseziele vorstellen. „Und dann auch noch im Sommer ? Bekloppte Idee !“ Werner hatte 2007 ein paar Konzerte im Libanon gespielt und schwärmte mir davon vor. Er sagte, dass seine Überlegungen diesbezüglich schon sehr ernst gemeint wären. Er hatte bereits einen anderen alten Kumpel von der Idee begeistert:
Rugard Ebener:

Werner sagte dass Rugard auf jeden Fall mitkommen wolle, aber vielleicht wäre es zu dritt noch besser. Die Rede war von Syrien, Jordanien, Israel und damals auch noch von Sinai und Ägypten. Ich habe das für mich in diesem Moment erstmal als „verrückte Idee“ abgespeichert. Dann habe ich mich aber die nächsten Tage immer wieder dabei ertappt, z.B. nachts, wie ich mir Gedanken darüber gemacht habe.

Werners Frage hatte in mir irgendetwas getriggert, was mich plötzlich nicht mehr losließ. Mir gingen solche Gedanken durch den Kopf wie: „Nach Spanien oder Schweden oder… fahren kann man ja immer noch, aber so ein Trip ist schon etwas ganz Besonderes.
Wir haben uns dann zum ersten Mal alle bei Rugard getroffen und die Chemie stimmte. Rugard war mindestens genauso besessen wie Werner und ich. Dann haben wir an diesem Abend, Ende Januar 2008, „Nägel mit Köpfen“ gemacht und beschlossen diesen Trip durchzuziehen. Der Zeitrahmen war ja, aus beruflichen Gründen von Werner, an die Schulferien gebunden. Route und Ziele waren noch völlig unklar, Zitat Rugard: “Hauptsache wir fahren am 21.06.2008 zusammen los“.

Ich würde mich eher als eine sehr realistische und bodenständige Natur einschätzen, aber ich muss gestehen, dass ich seit dem Zeitpunkt von Werners Frage, bis zum Tag unserer Abfahrt, ein halbes Jahr später, an nichts Anderes mehr gedacht habe. Ich war infiziert. Ich bitte meine Umwelt nachträglich um Verzeihung, die es in dieser Zeit sicher nicht leicht mit mir hatte.
Es gab für mich einige Hürden zu überwinden. Neben dem nicht unerheblichen finanziellen Aspekt musste ich mir die Frage stellen ob ich es mir wirklich erlauben kann 4 Wochen Urlaub am Stück zu machen, das hatte es bis jetzt noch nie gegeben. Außerdem musste erst mal ein geeignetes Moped herbei. Am nächsten Tag hab ich mich auf die Suche nach einer bezahlbaren, gebrauchten Enduro gemacht, die einen solchen Trip problemlos überstehen könnte. „Mann, was sind die Mopeds teuer geworden in den letzten Jahren !“ Es war ziemlich schwierig etwas finanziell passendes zu finden und nach Siegen zu befördern. Deshalb noch mal vielen Dank an: „Bernd („Ötte“) Reichmann, Thomas Lohmann, Stefan Debus und Henning Münker. (Ihr wisst wofür)
Schnell war klar: Es kann höchstens ein „Mittelklassegerät“ werden, alles Andere war für mich unerschwinglich. Das war aber auch nicht so schlimm, denn Werner und Rugard hatten sich ja schon in der 600er Klasse festgelegt. Also hab ich mich nach langem Suchen für eine 2002er Transalp RD11 entschieden, die nur dummerweise 700km weit weg war. Ich wollte früher nie eine Honda, auf keinen Fall - aber lest mal das „Nachwort“. Transe steht vor der Tür, noch etwas modifiziert, unterschiedliche Reifen ausprobiert, einen Schritt weiter.
Aus Zeitgründen fielen unsere Vorbereitungen auf den Nahost Trip sehr puristisch aus. Wir haben uns vorher gerade 3 Mal getroffen, das Zeitfenster und die grobe Route festgelegt. Die Aufgaben grob verteilt. Werner hat sich vor allem um die Routenplanung gekümmert und sehenswerte Orte unterwegs recherchiert. Rugard hatte die meiste Ahnung in Sachen Ausrüstung und Technik. Ich habe viel Papierkram erledigt und mich um die Rückreise gekümmert. Aber genau geplant haben wir den Trip eigentlich nicht. Wir wussten morgens nie, wo wir die Nacht verbringen werden. Das hat sich alles entsprechend der jeweiligen Umstände ergeben, und ich glaube dass war auch gut so. Unterwegs passieren so viele unvorhersehbare Dinge, es macht keinen Sinn genauer zu planen.

Rugard und ich haben mit Engelszungen versucht dem Werner auszureden mit seiner Yamaha Dragstar zu fahren. Wir waren uns beide sicher dass dieses Motorrad für eine solche Reise völlig ungeeignet ist, und wir es irgendwo zwischen der Türkei und dem roten Meer in der Wüste vergraben würden, weil es die Flügel gestreckt hat. Werner ließ sich aber durch nichts auf der Welt davon abbringen mit seinem Chopper zu fahren. („Mit der Dragstar geht viel mehr als ihr denkt, damit war ich schon in Dubrownik…“ etc. etc.)
Wir sind zusammen vorher keinen Kilometer Moped gefahren. Geplant war zwar mal so was wie ein Wochenend-Trip, um zu checken ob die Chemie stimmt, aber das hat terminlich alles nicht hingehauen, wir sind noch nicht mal zusammen ´ne halbe Stunde über den Westerwald gefahren, gar nix. Rugard und ich haben uns erst auf der Tour wirklich kennen gelernt.

So unterschiedlich unsere Bikes waren, so unterschiedlich auch unsere Charaktere. Rugard machte den Vorschlag uns „Die 3 Ungleichen“ zu nennen, was die Sache m.E. sehr gut trifft. Im Nachhinein muss ich sagen, dass es gar nicht so verkehrt ist, mit so unterschiedlichen Typen unterwegs zu sein. Das reibt sich in Extremsituationen zwangsläufig schon mal. Aber wenn es drauf ankommt, dann gibt es dafür meist immer jemanden der noch eine gute Idee hat. Wir haben uns ganz gut zusammengerauft.